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Corporate Design Management (5/5)

Plädoyer für ein strenges Brand Management mit Kontextgespür

Radikant Mitarbeiterin erklärt in einem Meeting etwas auf einem Bildschirm in der Designagentur

Wir starteten in die Textreihe mit der Leitfrage: Welche Wichtigkeit hat Konsistenz im Corporate Design und welchen Gestaltungsfreiraum lasse ich als Markenverantwortlicher Kollegen und Agenturen, die im Namen der gemeinsamen Marke kommunizieren? 

In den ersten zwei Texten haben wir Gründe identifiziert, wie Inkonsistenz entsteht und welche Ansätze helfen, Ordnung in die visuelle Kommunikation zu bringen. In den Teilen drei und vier reflektierten wir anschließend, warum „totale“ Uniformität möglicherweise gar nicht notwendig, wünschenswert oder realistisch sein könnte. 

Aber welches Maß an Konsistenz ist denn nun notwendig?

Konsistenz bleibt wichtig

Eine gewisse Inkonsistenz (oder positiv formuliert: Individualität) in Corporate Designs großer Organisationen ist fast normal – bedingt durch die Lebendigkeit und Vielfalt dieser Organisationen. Auch wenn die beiden Exkurse zu „Inkonsistenz als Innovationspotenzial“ und „Ideologische Strömungen im Corporate Design“ den Schluss nahelegen, dass Konsistenz vielleicht gar nicht so wichtig sei, muss man an dieser Stelle sagen: Branding braucht Management. 

Laissez-faire mindert die Wirkungskraft der Marke. Das gilt sowohl für die Produktion der Kommunikation – ohne Standardisierung bleibt der Entwurf von Medien sehr aufwändig – als auch die Rezeption. Ständige Variation erschwert die Wahrnehmung und somit den Bekanntheitsaufbau. Für Markenverantwortliche gilt es also, im Zweifel eher zu streng als zu locker zu entscheiden. 

Denn ein einheitliches Corporate Design zu erreichen, ist schwierig genug. Nach unserer Beobachtung bedeutet es für viele Unternehmen schon einen enormen Aufwand, bei allen Touchpoints ein zumindest mittelhohes Niveau an Konsistenz zu erzielen. Nur wenige, hervorragend geführte Marken schaffen es über Jahrzehnte, ihre zentralen Markenelemente konstant zu verwenden und nur sehr behutsam an die Zeiten anzupassen. Hier lässt sich beispielsweise Coca-Cola herausstellen, die es geschafft haben, in Millionen Kontaktpunkten einheitlich aufzutreten. 

Der Weg zu Konsistenz

Ein Grundmaß an Zusammenhang und Stimmigkeit erweist sich also als notwendig, damit ein Corporate Design seine Wirkung erfüllen kann. Um diese Konsistenz zu erlangen, steht wie zuvor beschrieben eine Bandbreite an Mitteln zur Verfügung.

Das bedeutet, an den richtigen Stellen zu investieren. Diese Investitionen lohnen sich. Denn je konsistenter das Corporate Design ist, umso schneller entfaltet es seine Wirkung (gesteigerte Wiedererkennbarkeit und Differenzierung, Aufbau gewünschter Assoziationen) und umso besser unterstützt es den Unternehmenserfolg.

Kontextgerechte Kommunikation muss möglich bleiben

Dennoch lässt sich nicht immer alles gleich gestalten. Es passiert im täglichen Brand Management, dass gute Ideen und neue Lösungen aus einem falschen Konsistenzverständnis heraus abgelehnt werden. Das führt nicht nur zu Frust bei den kommunizierenden Akteuren und Stagnation im Erscheinungsbild, sondern vor allem zu Kommunikation, die ihr Ziel nicht erreicht. 

Wie in der Einleitung dieser Textreihe erläutert, müssen Erscheinungsbilder nicht nur als konsistentes Gesamtsystem funktionieren, sondern auch kreative, effiziente und kontextuell passende Einzelkommunikation ermöglichen. 

Ein Beispiel: Eine sehr gelungene Kampagne mit einem aufmerksamkeitsstarken Keyvisual, das inhaltlich zur Marke passt, aber formal nicht im Corporate Design vorgesehen war, verdient die Diskussion, ob das Corporate Design erweitert oder das Keyvisual als Ausnahme akzeptiert werden kann. 

Erste Umsetzungsfalle: Ausufernde Guidelines

Wie geht man mit diesen kontextuell sinnvollen Ausnahmen um? Eine verbreitete Lösung für dieses Problem ist, im Laufe der Jahre für alle möglichen Medien, Kontexte und Einzelfälle ein immer größeres Regelsystem zu schaffen, um festzulegen, wann man was darf. Das führt zu hunderten Seiten an Corporate-Design-Dokumentation, die selten im Detail gelesen wird. 

Zweite Umsetzungsfalle: Mehr Freiheiten als Management-Kapazitäten

Basierend auf den zuvor erläuterten Lösungsansätzen gibt es auch die weitere Möglichkeit, weniger Gestaltungsregeln zu definieren und das Corporate Design zu vereinfachen. 

Dabei bleibt oftmals eines außer Acht: je offener der Styleguide ist, desto mehr Fragen kommen von Anwendern beziehungsweise desto mehr Ausreißer muss das Brand Management einfangen. Dafür braucht es eine entsprechende personelle Besetzung. Denn was man an den Guidelines spart, bedarf es an persönlichem Markenmanagement.

Der ideale Weg

Die Lösung liegt unserer Ansicht nach darin, das richtige Maß an Konsistenz nach untenstehenden Leitfragen festzulegen, dabei möglichst schlank in den Guidelines zu bleiben und ausreichende personelle Ressourcen im Brand Management zu schaffen. 

Leitfragen: Wie viel Freiraum oder Konsistenz braucht ein Corporate Design?

  • Je homogener die Zielgruppen sind, 
  • je ähnlicher die Positionierung der Produkte des Unternehmens ist, 
  • je schneller die Marke etabliert werden muss, 
  • je weniger Budget und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen, 

... desto konsistenter muss ein Corporate Design sein. 

  • Je mehr Zielgruppen es gibt,
  • je diverser sich die Produkte darstellen,
  • je markanter die Gestaltungselemente sind,
  • je lebendiger die Marke wirken soll,
  • je besser die Anwender des Corporate Designs gestalten können, 

... desto mehr Freiheiten darf ein Corporate Design bieten.

 

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine gewisse Inkonsistenz in Corporate Designs großer Unternehmen ist nahezu normal.
  • Konsistenz im Corporate Design stärkt die Wirkungskraft der Marke.
  • Dennoch muss ein Corporate Design auch kontextuelle Kommunikation ermöglichen.
  • Dazu ist ein richtiges Maß an Konsistenz notwendig.
Till Oyen

Till Oyen
Co-Founder

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